Nelly Spitteler

Auf den Grund gehen, heisst neues Leben gewinnen

Auf die Kunst bezogen: Wer zurückgeht auf Urformen, wer reduziert auf das Wesentliche, dem eröffnen sich neue Welten, neue Ausdrucksformen. Gerade auf die neuen Arbeiten von Nelly Spitteler trifft dies im Besonderen zu.

In der heutigen Zeit wird der Künstler mit einer Fülle von Materialien überhäuft: Grundierungen in weiss, grau, schwarz, ohne Sand, mit feinem Sand, mit grobem Sand, hart, aber doch elastisch, Farben ohne Ende. Viele „Künstler“ bleiben dadurch wörtlich in der Oberfläche hängen.

„Band-Bilder“

Nelly Spitteler greift in ihren neueren Arbeiten zurück auf die archaische Ausdrucksweise, sie reduziert auf die ursprünglichste Form der Darstellung – die Linie.

Hier sehe ich die Verbindung vor allem zu den Azteken, die ihre Figuren mit Bändern schmückten, die ihre Sonnenräder ebenso gestalteten. Die kleinen Köpfe im Gang erinnern an die aztekischen Köpfe in der Mitte der Sonnenräder. Ich möchte noch weiter zurückgehen zu der Bandkeramik der Altsteinzeit. Hier zeigt sich auch eine Verwandtschaft zu den Hyroglyphen.

Denn Nelly Spitteler möchte mit ihren Bildern etwas aussagen. Ihre Bilder sind Ausdruck von Erinnerungen, Erlebtem, Geträumtem, sind Realitätsfragmente.

Auf den Grund gehen, heisst neues Leben gewinnen

Nelly Spitteler hat die archaische Ausdrucksweise in die heutige Zeit übertragen, setzt Zeichen, die man lesen muss. Die Farbe, flächig gemalt, dient der Unterstützung, ist ein gestalterisches Element, führt das Auge, lässt es ruhen.

Nelly Spitteler ist ausgebildete Grafikerin, die zuvor die Kunstgewerbeschule in Basel besucht hatte. Die Linie ist ihr ein wichtiges Element.

Auch im Fries im Eingangsbereich (Köpfe) wird dies deutlich. Die Farbe ist reduziert und hebt damit die Linie hervor - die Linie, die hier als Band den Menschen von allen Seiten zeigt.

Der zweite Schwerpunkt in den Werken von Nelly Spitteler ist die Darstellung des Menschen. Sie muss zu den Menschen, die sie malt, einen Bezug herstellen können - muss das Erlebte, das Gefühlte umsetzen.

Die frühen Portraits sind noch realistisch gemalt, doch die Reduktion wird immer wichtiger. Die Linie taucht auch hier auf - als Kontur. Die expressive, flächig gemalte Farbe zeigt neben der Kontur die Gefühlslage der dargestellten Person und betont diese zusätzlich.

Text und Rede: Inge Baiatu

nach oben  zurück     Bilder der Vernissage